Aktualisierung Asbestbearbeitung!
Renovierungen in Gebäuden von vor 1993
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurden bis diesem Zeitpunkt asbesthaltige Spachtelmassen oder Putze unter Tapeten und/oder Beschichtungen verarbeitet.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurden bis diesem Zeitpunkt asbesthaltige Spachtelmassen oder Putze unter Tapeten und/oder Beschichtungen verarbeitet.
Am 17. Oktober 2019 wurde die TRGS 519 „Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“ aktualisiert.
Nun folgte Anfang Mai 2020 die Veröffentlichung der Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten in und an älteren Gebäuden“, herausgegeben u.a. vom Umweltbundesamt (UBA).
Zusammenfassend ist festzustellen, dass in der Neufassung der TRGS 519 nun auch Asbestfasern in Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern (PSF) als Gruppe der bauchemischen Produkte aufgenommen worden sind.
Auch Privatpersonen müssen Folgen beachten!
Seit Oktober 2019 fallen derartige bauchemische Produkte in den Regelungsbereich der TRGS 519, die sowohl vom Auftraggeber, Planer und Ausführenden und auch von Privatpersonen zwingend eingehalten werden müssen. Dies bedeutet also, den resultierenden Folgen zum Arbeitsschutz kann sich auch ein Do-it-Yourselfer nicht entziehen, der seine vier Wände selber renovieren möchte.
Kein Risiko besteht, beim Renovieren vorhandener Decken- und Wandflächen mit intakten Altbeschichtungen oder Bekleidungen (Tapeten u.a.) auf asbesthaltigen Spachtelmassen oder Putzen, wenn auf diesen tragfähigen Untergründen nun eine neue Beschichtung oder ein neuer
Belag (Tapete, Glasvlies u.a.) aufgetragen wird.
Zwingende Voraussetzung: Der intakte Untergrund darf nicht durch abrasive Verfahren (Schleifen u.a.) bearbeitet werden. Eine mechanische Untergrundvorbereitung scheidet aus, weil sonst möglicherweise das Risiko der Freisetzung von Asbestfasern besteht – alte
Beschichtungen dürfen daher nicht (auch nicht teilweise) angeschliffen und alte Wandbeläge nicht entfernt werden.
Kein Risiko besteht, wenn auf intakten alten Bodenbelägen oder keramischen Fliesen und Platten ein neuer Oberboden aufgebracht wird. Zwingende Voraussetzung ist wiederum, dass der Untergrund tragfähig sein muss.
Die vorgenannten Bereiche mit gefahrloser Tätigkeit sind in der Anlage 9 der TRGS 519 wegen keiner Tätigkeit mit Asbest als gefahrlos eingestuft und damit blau gekennzeichnet, solange der asbesthaltige Untergrund (Putze, Spachtelmassen, Kleber) nicht bearbeitet wird.
Fallstrick: Für diesen Fall hat der Nutzer, Eigentümer oder Mieter nach der Renovierung darauf zu achten, dass keine Einbaumöbel oder Bilder mechanisch am Untergrund/Wänden befestigt werden: das Setzen von Bohrlöchern ist zwar ein niedriges Risiko nach Anlage 9 der TRGS
519, aber eben nicht gefahrlos möglich: hierzu bedarf es entsprechender Schutzmaßnahmen.
Das muss auch der private Verbraucher beachten, wenn er selber renoviert – die Vorgaben der TRGS 519 gelten auch für Privatpersonen.
Niedriges Risiko besteht beim Entfernen oder Einschlagen von Nägeln oder dem Setzen von Bohrlöchern bzw. Dübeln oder dem Stanzen (z.B. zur Probenentnahme). Auch hier gilt: Es besteht das Risiko der Freisetzung von Asbestfasern aus Putzen, Spachtelmassen oder
Fliesenklebern unterhalb von intakten Beschichtungen, Wandbekleidungen, Fliesen oder Bodenbelägen – wenn auch in geringem Umfang. Schon hier bedarf es der Schutzmaßnahmen nach Anlage 9 der TRGS 519. Hierzu sind bestimmte Bautechnik-Verfahren (BT) als emissionsarme Tätigkeiten in der TRGS 519 aufgeführt – z.B. das Setzen von Bohrlöchern, Kernbohrungen, Schwerlastdübel u.a. BT-Verfahren.
Besondere Qualifikation erforderlich: Das Entfernen oder Einschlagen von Nägeln kann auch auf Wänden mit Beschichtungen oder Bekleidungen auf asbesthaltigen Putzen oder Spachtelmassen erfolgen, da nur ein geringes Risiko der Freisetzung von Asbestfasern besteht. Werden dagegen Bohrlöcher gesetzt oder ist ein Stemmverfahren nötig, muss der Durchführende eine entsprechende Qualifikation besitzen.
Also gilt bei Renovierung – solange nicht anders bekannt: Es liegen unterhalb alter Beschichtungen, Wand- und Bodenbelägen asbesthaltige Putze, Spachtelmassen und/ oder Fliesenkleber (PSF) vor. Wird bei der Renovierung von Räumen in Gebäuden im Bestand vor 1993 (vom Einfamilienhaus über die Produktionsstätte bis zu Büro-/Verwaltungsgebäuden, Schulen und Kindergärten u.a.) mit emissionsarmen Verfahren gearbeitet, besteht dem Grundsatz nach keine Verpflichtung zu einer Erkundung nach Asbest aufgrund der neuen Leitlinie des UBA – für diesen Fall gilt für den Arbeitsschutz ganz einfach, dass alle Maßnahmen so geplant werden müssen, als läge Asbest vor.
Dies hat gravierende Folgen nicht nur für den personenbezogenen Arbeitsschutz – es müssen entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden, Schutzzonen und Schutzschleusen müssen eingerichtet werden, mangels anderem Nachweis gelten alle Abfälle als asbesthaltig und sind entsprechend zu entsorgen: mit hohen Kosten! Daher ist der Eigentümer der Immobilie (sonst der Mieter, wenn Auftraggeber) gefordert, den Nachweis zu erbringen, dass keine asbesthaltigen Putze, Spachtelmassen und/oder Fliesenkleber (PSF) unterhalb von alten Beschichtungen, Wandbelägen oder Oberböden vorhanden sind. Auch einfaches Überarbeiten, neues Beschichten/Tapezieren oder ein neuer Oberboden ohne Eingriff in die Bausubstanz kann Gefahren mit sich bringen und beinhaltet daher ein Haftungsrisiko für das Handwerk.
Erkundung auf Asbest – besser ist das! Es empfiehlt sich daher eine Asbesterkundung durch Beprobung auf Veranlassung des Besitzers der Immobilie oder des Auftraggebers (z.B. Mieter).
Dies könnte bedeuten, dass von einer hierfür geeigneten Person mit genügender Qualifikation Probenentnahmen vor Ort durchzuführen sind – selbstverständlich gegen Beauftragung und Kostenübernahme. Dies bedeutet in der Schlussfolgerung, dass der Malermeister im Rahmen seiner Beratungskompetenz den zuvor erläuterten Sachverhalt gegenüber dem Bauherrn, Eigentümer und/oder Mieter als Veranlasser einer Renovierung unter Hinweis auf die o.g. Leitlinie vortragen und erläutern sollte, damit der potenzielle Auftraggeber die erforderliche Asbesterkundung veranlasst – andernfalls drohen hohe Haftungsrisiken für das Handwerk.
Wer muss die Erkundung veranlassen? Die Erkundung erfolgt durch den Veranlasser der baulichen Maßnahme. Veranlasser sind alle Personen, die andere Personen (Dritte) mit der Ausführung der baulichen Maßnahmen beauftragen. Dies beinhaltet auch unentgeltliche Tätigkeiten im Rahmen von Nachbarschaftshilfe. Veranlasser können somit Gebäudebesitzer, Bauherren aber auch Mieter sein. Wenn Privatpersonen eine bauliche Maßnahme selber
durchführen (Heimwerker, Do-it-yourself), sind sie ebenfalls Veranlasser im Sinne dieser Leitlinie. Wenn ein Mieter Auftraggeber und damit Veranlasser einer baulichen Maßnahme ist, empfiehlt sich die enge Abstimmung mit dem Gebäudeinhaber (die nach dem Mietrecht
meist ohnehin erfolgen muss) auch in puncto Asbesterkennung.
Leider wird die Leitlinie dem Veranlasser (Gebäudebesitzer, Bauherr oder Mieter) wohl nicht bekannt sein – dem Malermeister bleibt also nichts anderes übrig, als bei der Nachfrage für eine Renovierung beim Auftraggeber nun wie folgt vorzugehen:
Frage 1: Ist Ihr Gebäude, Büro u.a. vor 1993 errichtet worden?
Frage 2: Wurde vor 1993 schon einmal der Innenputz erneuert oder Gipsplatten eingebaut und liegen dafür entsprechende Nachweise vor? Wird Frage 1 bejaht und Frage 2 verneint, folgt
Frage 3: Liegen asbesthaltige Spachtelmassen, Putze oder Fliesenkleber vor? Hierbei darf sich der Malermeister nicht auf das Verneinen durch den Auftraggeber verlassen. Es muss der Nachweis über eine Erkundung auf Asbestfasern vorliegen. Sofern nicht ein einfaches Überarbeiten (siehe Beispiel in Kasten Seite 20) erfolgen soll, muss eine Erkundung durch den Veranlasser der Renovierung (Bauherr, Eigentümer, Mieter u.a.) erfolgen.
Asbest oder nicht Asbest: Das ist jetzt (k)eine Frage mehr! Alle Gebäude, die vor 1993 errichtet wurden, stehen dem Grundsatz nach unter dem Generalverdacht asbesthaltiger Putze, Spachtelmassen oder Fliesenkleber unter Beschichtungen, Wand- und Bodenbelägen. Einer
aufwendigen Asbestsanierung oder mindestens kostenintensiven Erkundung kann sich der Auftraggeber als Eigentümer der Immobilie/Wohnung oder der Mieter als Auftraggeber nur wie folgt entziehen: der alte Untergrund ist
ausreichend tragfähig und kann ohne jede mechanische Untergrundvorbereitung mit einer neuen Beschichtung, einem neuen Wandbelag oder einem neuen Oberboden (elastische Beläge, Teppichboden, keramische Fliesen und Platten u.a.) ausgestattet
werden – z.B. durch ganzflächiges Spachteln als Untergrundvorbereitung. Diese dann asbestfreie Spachtelung kann nun zur Egalisierung von Unebenheiten geschliffen werden (auch hierbei empfehlen sich staubarme Methoden) um dann das endgültige Finish (Beschichtung/Wandbelag) oder den neuen Oberboden aufzubringen. Ein Risiko verbleibt, wenn sich an diesen neuen Schichtenfolgen dann im Rahmen der Gewährleistung nun Schäden (Risse, Blasen, Beulen u.a.) einstellen. Zur Entschichtung oder dem Entfernen der neuen
Wandverkleidung oder Oberboden besteht dann die Gefahr, dass die darunterliegenden möglicherweise asbesthaltigen Schichtenfolgen unterhalb dem vermeintlich tragenden Altuntergrund nun durch den Rückbau in die Raumluft freigesetzt werden. Spätestens nun greift
die neue TRGS 519 in vollem Umfang.
Quelle: DER MALER UND LACKIERERMEISTER 6/2020